Pau Aulí
„Es kommt darauf an, was man erzählen möchte“
Er ist Künstler, Designer, Kostümbildner, Kunstdirektor und noch viel mehr: Der 1992 in Esporles geborene, multikreative Pau Aulí erinnert sich an prägende Ereignisse aus seiner Kindheit und spricht über die Rolle des Künstlers in diesen surreal anmutenden Zeiten.




Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit?
Ich erinnere mich daran, dass ich Sport und das Meer nicht ausstehen konnte, und dass ich sehr gerne und gut gegessen habe.
Wie haben die ersten Jahre in Esporles Ihre Kreativität geprägt?
Schon als Kind lauschte ich fasziniert den Geschichten meiner Großeltern über den Bürgerkrieg und die anschließende Schmuggelwirtschaft. Ich konnte kaum glauben, dass all das in den Häusern passiert war, in denen immer noch dieselben Familien lebten. Mit der Unschuld und Naivität eines Achtjährigen erklärte ich meinen Großeltern, wie gerne ich selbst diese historischen Ereignisse miterlebt und mich in dem damals üblichen Outfit aus Wollanzug und Leinenhemd im Kampf und Widerstand mit diesem magischen, heroischen Flair engagiert hätte... Natürlich hatte ich in diesem Alter überhaupt keine Ahnung von vielen anderen Vorkommnissen jener Zeit.
Ab wann haben Sie sich bewusst für Mode und Kunst begeistert?
Eine Familienangehörige erzählte mir vor kurzem, dass ich ihr schon im Alter von 4 Jahren sagte, wie sie sich kleiden solle, was sie anziehen solle, und dass ich zu weinen anfing, wenn sie meine Ratschläge nicht ernst nahm. Diese Frau wollte mir bestimmt gerne eine Freude bereiten, aber ich glaube, meine Vorschläge waren nicht besonders taktvoll.
Welche Vorbilder hatten Sie damals, welche heute?
Eines meiner frühesten Vorbilder war John Galliano, als er für Dior arbeitete. Dann gab es die Klassiker wie Poiret, Schiaparelli oder Velázquez. Seit neustem inspirieren mich Menschen mit einem extravaganten Lebensstil oder Menschen, die völlig anders leben als ich – z. B. Paz de la Huerta, Cayetana Álvarez de Toledo oder José Luis Manzano –, und mich genau deshalb auf interessante Themen oder Gedanken bringen. Am Kino und Theater gefällt mir vor allem, dass jedes Projekt in einem anderen Kontext spielt. Zurzeit befasse ich mich mit den Uniformen der französischen Marine um 1800 und Rhythmischer Gymnastik in der ehemaligen UdSSR. So lerne ich nicht nur ständig etwas Neues, sondern finde auch historische und ästhetische Vorbilder.
Wie gehen Sie an ein neues Projekt heran?
Es kommt immer darauf an, was man erzählen möchte. Da sich die Dinge während eines Projekts ändern, ist es außerdem wichtig, Raum für Experimente zu lassen. Meiner Meinung nach haben sowohl die audiovisuelle wie auch die Bühnenkunst ganz klar eine kritische, politische und soziale Funktion.
Was macht Ihrer Meinung nach einen Künstler aus?
In meinem engeren Umfeld rufen Berufsbezeichnungen wie „Künstler“ oder „Filmregisseurin“ entweder Respekt oder Verlegenheit hervor. Das liegt daran, dass diese Begriffe inzwischen etwas hochtrabend klingen. Künstler sind Menschen, die kommunizieren und sich mit Ästhetik befassen. Interessant wird es erst, wenn wir die Person des Künstlers in unserer Gesellschaft relativieren. Nur dann kann Kunst demokratisch sein und folglich einen Wert und Sinn haben.
Wie haben Sie die Quarantänezeit verbracht?
Ich war während dieser Zeit in Madrid, übrigens in sehr guter Gesellschaft. Zufällig hatte ich einen Monat vor Beginn der Quarantäne meine Studien abgeschlossen, so dass ich in dieser Zeit des Stillstands Einiges überdenken konnte. Und ich habe diese Zeit auch genutzt, um alte Pläne wieder aufleben zu lassen: alle Filme von Haneke und Hitchcock sehen, Puzzles legen, Der Tod steht ihr gut und alle Videos von Manuela Trasobares auf YouTube anschauen.
Wie beurteilen Sie die Lage der Menschheit während und nach der aktuellen Situation?
Es fällt mir schwer, einen Überblick über die globalen Geschehnisse zu gewinnen. Allerdings weiß ich ganz sicher, dass ich mich vor dem Erstarken der Ultrarechten und der Politik von Ländern wie den USA oder Brasilien während dieser Krise fürchte. Diese Pandemie wurde von Machos und den Befürwortern einer Klassengesellschaft ausgenutzt, mit brutalen Folgen für bestimmte Gesellschaftsschichten.
Welche Rolle spielt für Sie die Kunst in Situationen wie der jetzigen?
Die ständige Kürzung der Budgets für Kultur bereitet [...]
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