Yannick Vu
„Die Kunst überlistet den Tod“
Yannick Vu (geb. 1942 in Montfort-l'Amaury/ Frankreich) wusste schon als Kind, dass sie Künstlerin werden wollte – als Tochter eines Malers und einer Pianistin wuchs sie ohnehin in einem von Kunst und Kultur geprägten Umfeld auf. Allerdings musste sie zwei harte Schicksalsschläge hinnehmen: Zuerst verstarb ihr Mann, der Maler Domenico Gnoli, dann ihre Tochter Maima. Heute verbringt sie eine Hälfte des Jahres in Marokko, die andere in Sa Bassa Blanca im Norden Mallorcas, wo sie mit ihrem zweiten Mann Ben Jakober ganz in der Kunst aufgeht.
Text César Mateu Moyà
Fotografie Íñigo Vega




Mitten im Zweiten Weltkrieg unweit von Paris geboren zu werden, hinterlässt zweifelsohne Spuren. „Ja, anfangs hatten wir es schwer“, erinnert sich Yannick Vu und erzählt, wie ihr Vater, der vietnamesische Maler Vu Cao Dam, jede Nacht mit dem Fahrrad heimfuhr und das Haus im Dunkeln betrat, um die Nazis nicht auf sich aufmerksam zu machen.
Ein paar Jahre später zog die Familie nach Vence bei Nizza, wo Yannick die nach ihrem Gestalter, dem Maler Henri Matisse – einem der größten Künstler des 20. Jhd. – benannte Matisse-Kapelle ins Herz schloss.
Als Kind organisierte Yannick für die Gäste ihres Vaters gerne ihre eigene Ausstellung in Form von auf dem Boden verteilten Zeichnungen, die sie für fünf Cent pro Blatt feilbot. Das damit verdiente Geld investierte sie in Pistazieneis.
Obwohl sie in Vence mit Künstlern und Regisseuren wie François Truffaut – dem Wegbereiter der Nouvelle Vague – Umgang hatte, verspürte sie mit 20 Jahren auf der Suche nach sich selbst das Bedürfnis, in die französische Hauptstadt zurückzuziehen.
An einem frühen Morgen – Yannick war bereits in Paris – rief ihre Freundin Sophie Bollack an: „Yannick, ich habe gerade den Mann deines Lebens getroffen“, sprudelte sie aufgeregt ins Telefon. Yannick erwiderte, wenn er wirklich der Mann ihres Lebens sei, könne er auch bis zum nächsten Tag warten.
So lernte sie an jenem Tag Domenico Gnoli kennen, „den Mann meines Lebens“, ganz wie es ihre Freundin prophezeit hatte. Nach einer Einladung des psychedelischen Malers Mati Klarwein trafen die beiden kurze Zeit später eine Entscheidung, die ihr Leben für immer verändern sollte: Am 2. April 1963 zogen sie nach Mallorca.
Auf der Insel ließen sie sich in Deià nieder, „ein wunderschöner Ort, mit herrlichem Licht im Sommer, aber etwas deprimierend im Winter“, findet Yannick. In Deià konnte Domenico Gnoli sich selbst verwirklichen, bis er ein paar Jahre später in s'Estaca, dem von Erzherzog Luís Salvador von Österreich am Meer erbauten Haus, starb. Heute gehört das Anwesen dem Schauspieler Michael Douglas.
„Ich war mit 27 Jahren bereits Witwe, fühlte mich total verloren und musste mich neu erfinden. Das ging aber nur mit jemandem, der das, was ich durchgemacht hatte, verstehen konnte. Und das war Ben Jakober, ein gemeinsamer Freund von Domenico und mir“, erzählt Yannick.
Ende der 1970er Jahre stellt sie erstmals Bilder in Paris aus, Großaufnahmen zum Thema „Identität“ im klassisch inspirierten Stil der „Neuen Figuration“. Es folgten Ausstellungen in New York, Brüssel und weiteren Ländern.
In den 1980er Jahren entschieden sie und ihr Mann Ben, ihre Finca in Mortitx zu verkaufen und ein Grundstück in Alcanada zu erwerben. In ihrem Anwesen namens Sa Bassa Blanca haben sie dann viele Jahre später ein Museum mit Werken von Künstlern wie Francis Bacon, Miquel Barceló und auch Domenico Gnoli eingerichtet.
Alles war gut – bis 1992 das Schicksal ein zweites Mal zuschlug: Ihre Tochter Maima kam bei einem Motorradunfall auf Tahiti ums Leben, „ein unnatürlicher Tod, der Ben und mich allerdings nicht entfremdete, sondern uns im Gegenteil als Menschen und Künstler noch stärker zusammenschweißte und uns eine gemeinsame Sprache gab. Das hat uns geholfen, bis heute weiterzumachen.“
Yannick Vu weiß, dass sie phasenweise arbeitet. „Ich habe hochkreative Phasen und dann wieder Zeiten plötzlichen Leerlaufs. Wie alle Künstler bin ich ständig auf der Suche nach mir selbst, muss mich immer wieder neu finden.“
Im Lauf der Jahre, sagt sie, hat sie gelernt, sich selbst mehr zu akzeptieren, [...]
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