Milton H. Greene
Ein Jahr vor Marilyn Monroe
In dem Sommer bevor seine große Muse entdeckt wurde, wählte der Fotograf Milton H. Greene (New York, 1922 - Los Angeles, 1985) Mallorca als Kulisse einer Modereportage, die er im Januar 1953 im Magazin Life veröffentlichte.
Fotografie Milton H. Greene
Die Titelgeschichte For now and next summer gab einen Ausblick auf die Trends der europäischen und nordamerikanischen Mode der folgenden Saison. Dafür posierten die Models mit Kollektionen und Accessoires an den Stränden Mallorcas sowie in den ländlichen Gegenden der Insel. Im Artikel wurde Mallorca als bis dahin noch unbekannte, reizende Destination präsentiert, „deren wunderschöne Landschaft und niedrige Preise (6 Dollar/Nacht all inclusive im Luxushotel)“ Touristen aus ganz Westeuropa anzog.
Milton H. Greene war seiner Zeit voraus und lichtete die Models außerhalb des Studios im Outdoor-Bereich ab. Diesem neuen Konzept folgten später andere große Fashion-Fotografen, wie Richard Avedon, Irving Penn und Norman Parkinson. Sein Vater, erzählt Sohn Joshua Greene, “überzeugte die Chefredakteure von Look und Life, die Fotosessions an verschiedenen Orten zu machen. So konnte er mit der jeweiligen Umgebung spielen, mit Architektur und Landschaft, Kindern, Märkten, Innenhöfen und praktisch jedem Ort, wo Tageslicht herrschte.“ Die ersten derartigen Bilder knipste Greene 1951 bei einer Session auf den US-amerikanischen Virgin Islands. „Die Reise gab ihm die Freiheit und das Selbstvertrauen, sich im darauffolgenden Jahr an Fotostrecken auf Mallorca und in Paris zu wagen.”
Eines der Models, die im Sommer 1952 vor Greenes Linse stand, war Nelly Nyad (s.S. 55). Die heute 93-jährige Dame erinnert sich gern an diese Zeit, in der sie für den Designer Hubert de Givenchy arbeitete. In dessen Pariser Haus traf sie Greene zum ersten Mal. „Er bat mich stehenden Fußes darum, mit ihm eine Fotoreportage in Spanien zu machen, zusammen mit dem bekannten amerikanischen Model Suzy Parker und Fiona von Thyssen. Zunächst arbeiteten wir ein paar Tage im Prado in Madrid. Dann gings für eine andere Fotostrecke nach Mallorca. Das waren herrliche Tage. Wir haben viel gearbeitet, hatten aber auch jede Menge Spaß. Milton war ein junger, fröhlicher, bezaubernder Mann und ein wirklich talentierter Fotograf. Sein Budget war klein und so übernachteten wir in einem kleinen Landhotel. Er mietete ein Motorrad, um die Insel zu erkunden sowie ruhige Orte und Bauernhöfe für seine Bilder zu suchen. Ich fand die Insel wunderschön, herrlich warm und die Leute waren freundlich und stets hilfsbereit. In den Cafés war immer was los, die Strände idyllisch, kurzum: die Insel war ein Ort, wo man bleiben wollte. Seit dem Trip nach Mallorca waren Milton und ich unser ganzes Leben lang befreundet. Ich arbeitete viel für ihn, er schoss zahlreiche berühmte Porträtaufnahmen von mir, die in Normal Mailers Buch Of women and their elegance zu sehen sind. Zusammen mit meinem Mann Nano Da Silva war ich oft in New York oder in seinem Haus in Los Angeles. Milton besuchte uns kurz vor seinem Tod in Paris. Er war ein wunderbarer Mensch.“
Im September 1953, genau neun Monate nachdem die Life-Ausgabe erschienen war, liefen sich Milton H. Greene und die Schauspielerin Marilyn Monroe bei einer Reportage für das US-amerikanische Magazin Look zum ersten Mal über den Weg. Bei den Dreharbeiten zu Fluss ohne Wiederkehr (Regie: Otto Preminger) in Kanada hatte sich Monroe den Knöchel verstaucht; die Session fand während ihrer Genesung in Los Angeles statt. Joshua Milton erzählt: „Marilyn war hingerissen von den Aufnahmen meines Vaters und wollte ihn unbedingt kennenlernen. Sie erwartete einen Abraham Lincoln der Fotografie und war sehr überrascht, als sie sein Jungengesicht sah. „Warum bist du bloß so ein junger Kerl?“, rief sie aus, als sie ihn sah. „Und du bist nur ein Backfisch“, antwortete mein Vater. Von diesem Moment an arbeiteten die beiden oft zusammen und wurden enge Freunde. Greene avancierte zum Hausfotograf des Hollywoodstars, später gründeten sie zusammen eine Filmproduktionsfirma. Im Laufe seiner Karriere stieg Milton H. Greene zu einem berühmten Fotografen auf, von dem sich große Stars, u.a. Audrey Hepburn, Frank Sinatra, Grace Kelly, Ava Gardner, Paul Newman und Andy Warhol, ablichten ließen.
In den 70er Jahren verschwanden aufgrund der Beschaffenheit der Kodak Ektachrome Filme die meisten seiner mehr als 300.000 Aufnahmen. Erst nach seinem [...]
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