Joselu Montojo

„Meine Zeichnungen zeigen mein wahres Ich“

Niemals hätte er daran gedacht, Künstler zu werden. Im Gegenteil – ihn schreckte der Gedanke, sein Hobby zum Beruf zu machen. Aber als Joselu Montojo (geb. 1991 in Mallorca) seine ersten Zeichnungen auf Instagram postete, ging es los. Heute lebt er von seiner Kunst.

Wie trifft man die mutige Entscheidung, von der Kunst zu leben?

Nach meinem Werbe-Abschluss arbeitete ich drei Jahre lang bei einer Agentur und fing parallel dazu an, Zeichnungen auf Instagram zu posten. Schon damals wollten ein paar Leute die eine oder andere Zeichnung kaufen. 2015 trat die Inhaberin der Bar Cock in Madrid mit dem Vorschlag zu einer Ausstellung an mich heran. Da wurde mir klar, dass sich meine Arbeiten verkaufen ließen. Seitdem habe ich mich voll darauf eingelassen.


Gab oder gibt es Künstler in Ihrer Familie?

Meine Großmutter Nena Pavia war Malerin, aber ich habe sie nie zeichnen sehen. Es ist schon lustig, dass zwar keines ihrer Kinder, aber viele ihrer Enkel Künstler geworden sind – als ob die Kunst eine Familiengeneration übersprungen hätte.


Was empfinden Sie beim Zeichnen?

Glück. Ich liebe Zeichnen. Ich bin ein eher zurückhaltender, stiller Mensch, aber ich weiß, dass das Zeichnen mein wahres Ich, etwas zutiefst Persönliches, aus mir hervorholt. Und mir ist klar, dass ich nicht in Worte fassen kann, was ich auf dem Papier oder der Leinwand festhalte.


Welche Art von Kunst schaffen Sie?

Figurative Kunst, aber es ist auch Pop für mich, denn ich lasse mich von der Werbung, der Gesellschaft und der Mode inspirieren. Wegen der flachen Figuren verwende ich sehr gängige Farben. Alles ist sehr dekorativ.


Vor einem Jahr waren Sie eine Zeitlang aus den Sozialen Netzwerken verschwunden. Warum?

Ich musste etwas in mich gehen. Ich hatte ein paar meiner frühen Zeichnungen gefunden und wieder Verbindung mit meinem damaligen Selbst aufgenommen. Seither ist mein Stil eher realistisch.


Deshalb haben Sie auch ein neues Format gewählt.

Genau. Ich probierte zunächst verschiedene Baumwoll- und Stoffarten aus, bis ich eine Leinenart fand, auf der die Zeichnungen recht gut aussahen. Ich mag den Kontrast von digitalen Zeichnungen auf dem Naturstoff Leinen; mir gefällt dieses Zusammenspiel von Technologie und Tradition sehr gut.


Fast alle Ihre Zeichnungen sind digital. Machen Sie Entwürfe?

Ja, auf einem Grafik-Tablet. Man zeichnet quasi wie auf Papier, nur eben auf dem Computerbildschirm. Über den ersten Entwurf lege ich immer neue Schichten. Manchmal hat das erste Ergebnis nicht mehr allzu viel mit der Originalidee zu tun, aber der Bezug zwischen beiden ist mir wichtig.


Warum fotografieren Sie viele Ihrer Arbeiten auf dem Land?

Ich möchte andere Inhalte schaffen, und die Fotografin, mit der ich zusammenarbeite, hilft mir dabei. Mir gefällt die Spannung, die die in die Natur integrierten Werke erzeugen. Aber es geht mir eher darum, andere Inhalte zu schaffen, denn fast alle meine Arbeiten sind Drinnen aufgenommen.


Was inspiriert Sie bei Ihrer Arbeit?

Mode, Natur, Zeitschriften... Mich inspirieren die alltäglichen Dinge um mich herum. Mallorca ist etwas Besonderes. Ich lebe zwar in Madrid, bin aber eng mit meiner Heimat verwurzelt. Auf Mallorca empfinde ich tiefen Frieden.


Hat Covid-19 Ihrer Meinung nach die Kunstwelt verändert?

Ich glaube, die Digitalisierung hat sich beschleunigt. Die Leute kaufen immer öfter Online, ohne das Werk vorher selbst gesehen zu haben. Dieser Trend war zwar schon vor der Pandemie erkennbar, hat aber jetzt an Fahrt aufgenommen. Fast alle meine Kunden kaufen, nachdem sie Fotos gesehen haben. Deshalb ist die Fotografie für mich so wichtig, denn nur wenige sehen das echte Bild, bevor sie es kaufen.

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