Albarrán Cabrera
„Sehen ist bewusstes Anschauen“
Irgendwann sahen wir zufällig das Etikett des mallorquinischen Weins 4 Kilos 2018, das uns extrem gut gefiel. Es war mit Albarrán Cabrera signiert. Dahinter steht ein Team aus zwei Fotografen: Ángel Albarrán (geb. 1969 in Barcelona) und Anna Cabrera (geb. 1969 in Sevilla) ergründen seit 35 Jahren den Sinn des Lebens durch Fotografieren und Reisen. Ihre weltweit ausgestellten Werke vermitteln ihre vielseitigen Interessen und ihren ungestillten Wissensdurst.
Text César Mateu Moyà
Fotografie Albarrán Cabrera
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Die Fotografie faszinierte uns beide schon im Teenageralter, noch bevor wir uns kennenlernten. Nachdem wir uns kennengelernt hatten, faszinierte sie uns weiterhin – aber von da an lebten wir diese Faszination gemeinsam.
Unsere fotografische Tätigkeit hat sich parallel zu unseren ursprünglich erlernten Berufen entwickelt, bis sie zu dem Beruf geworden ist, der jetzt unser Leben aus- und erfüllt.
Das soll allerdings nicht heißen, dass wir nicht auch weiterhin auf das zuvor Erlernte und Praktizierte zurückgreifen würden. Wir glauben, dass sich jegliche Art von Wissen für jede mögliche Tätigkeit nutzen lässt, und dass die persönlichen Erfahrungen eines jeden Menschen von der Motivation hinter seinen Handlungen geprägt werden.
Was bedeutet Fotografie für Sie?
Sie ist eine Möglichkeit, das Leben zu verstehen und unsere Ausrede, um reisen, Sprachen lernen, lesen und verstehen zu können, um Probleme zu lösen oder etwas völlig Neues, uns bislang Unbekanntes zu entdecken... Dank unserer Kenntnis verschiedener Disziplinen können wir die Realität aus mehreren Blickwinkeln betrachten. Andererseits verlangt Fotografie, wie fast alles im Leben, nach einer ständigen Entscheidungsfindung und der Notwendigkeit, die eigene Komfortzone zu verlassen. Vor dem endgültigen Bild (dem „Was“) kommt die Beschäftigung mit dem „Wie“, aber das Wichtigste und Schwierigste ist die Antwort auf die Frage nach dem „Warum“.
Wie organisieren Sie Ihre Arbeit?
Als wissbegierige Menschen hinterfragen wir die Realität, die wir sehen. Thomas Huxleys Rat, dass wir versuchen sollten, etwas über alles zu lernen und alles über etwas, gefällt uns sehr. Zuerst kommen die Fragen: Warum ist das Universum so komplex und weitläufig? Warum können einander optisch ähnliche Elemente eine so unterschiedliche Struktur haben bzw. umgekehrt? Was ist Zeit? Was ist Identität, und wie verhält sie sich zu einem Raum? Haben nur Menschen Erinnerungen? Was ist der wahre Kern einer Sache?... Und vor allem: Existiert all dieses tatsächlich oder nur in unserer Vorstellung, beruht also auf unseren Wahrnehmungen und Erinnerungen?
Diese Fragen motivieren uns, zu lernen: durch Bücher, Filme und Gespräche mit anderen Menschen, die über bestimmte Themen viel mehr wissen als wir... Wir verfechten die Theorie, dass das erworbene Wissen unsere Wahrnehmung der Realität beeinflusst. Ein klares, ausgeglichenes Selbst weckt unsere Fähigkeit, dem Leben kreativ zu begegnen; die Fotografie wiederum stimuliert unseren Wissensdurst – und damit unsere persönliche Entwicklung – in vielerlei Hinsicht.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Orte für Ihre Fotos aus?
Der Ort ist nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, dass uns der Ort, an dem wir gerade sind, in einen bestimmten mentalen Zustand versetzt. Wie schon gesagt, wenn man Kenntnis von etwas hat, sieht man mehr, als man denkt. Sehen ist bewusstes Anschauen. Es geht darum, sich einer Sache gezielt zu nähern, um das Wesen dessen zu erfassen, was man sucht, egal, wo man ist.
Und worin besteht das Wesen?
Es ist in dem, wonach man sucht, in den Fragen, die man sich stellt und die sich aus dem Ort, den man fotografiert, ergeben. Es gibt keine absolute Realität. Jeder von uns sieht seine eigene Realität und interpretiert sie subjektiv. Für uns erschließt sich das Wesen durch die Betrachtung der Realität aus möglichst vielen Blickwinkeln. Dabei greifen wir auf unser durch unsere Erfahrungen erworbenes Wissen zurück und nutzen die Fotografie als Werkzeug.
Wir träumen von der Vergangenheit und von der Zukunft – wie können wir in der Gegenwart leben?
Die meisten von uns vergessen, in der Gegenwart zu leben. Wir bereuen [...]
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