Javier Garló

Unvollendete Werke

Für Javier Garló (geboren 1980 in Palma) sind Makel und die Schönheit des Unvollkommenen weit aussagekräftiger als ein fertiges Werk. Nicht nur damit steht er im Widerspruch zu einer Welt, in der seiner Meinung nach viel Zuneigung auf der Strecke geblieben ist.

Fotografie: Antoine Garló
Fotografie: Antoine Garló

„Manche Leute denken, meine Arbeit sei nichts als ein Hobby, ein reiner Zeitvertreib. Dabei ist das Gegenteil der Fall, und oft geht es mir richtig schlecht. Manchmal quälen mich tiefe Zweifel, die mich total fertigmachen. Gleichzeitig ist dieser Lebensentwurf für mich aber auch eine Notwendigkeit, mit der ich mein Brot verdiene.“ Soweit Javier Garló, einer der interessantesten und außergewöhnlichsten visuellen Künstler Mallorcas.


Wenn Javier frühmorgens um halb sieben aufsteht, fängt sein Kopf sofort an zu arbeiten. Bis zum Abend er lässt sich treiben von all den Gedanken, die permanent auf ihn einstürmen, und die er in seinen Werken verarbeitet. Er sitzt beim Arbeiten gerne auf dem Boden und hört dabei Musik. Und er mag unvollendete Werke. „Manchmal bedauere ich es, an einem Stück weitergearbeitet zu haben und es zu vollendet zu sehen. Es ist mir nicht leichtgefallen, an den Punkt zu gelangen, an dem ich sagen kann ‚so gefällt es mir jetzt‘ und es dabei zu belassen.“


Zur Malerei kam Javier eher zufällig. Zuerst machte er Graffiti, weil seine Clique SDP malen, singen oder tanzen wollte, aber ihn interessierte nur die Malerei. Er lernte diese Kunst von seinem Freund Marco Antonio, Herminia unterstützte seinen Lernprozess, und Carmen und Floren sorgten für den Feinschliff. „Ich dachte damals, ich könnte zeichnen, aber sie öffneten mir die Augen für meine Engstirnigkeit und meine fehlenden Grundkenntnisse, egal, ob es um Tiefe, Relationen, Farben oder Proportionen ging… .“

Während er an seiner Kunst feilte, nahm er die verschiedensten Arbeiten an: thematische Raumgestaltung, 3D-Design, Maler in einer Reparaturwerkstatt für Objekte mit Kitt und Fasern, acht Sommer lang das Taxi seines Vaters fahren …


Javiers Werke sind sehr symbolträchtig. „Davon bin ich ein bisschen besessen“, gibt er zu. „Ich denke sehr viel über die Bedeutung nach, die Dinge erlangen können. Manchmal gebe ich sie ihnen selbst, andere Male wähle ich universelle Symbole wie zum Beispiel das Pferd. Es ist wie mit Kinderspielzeug, das anfangs noch neutral ist, aber im Lauf der Zeit verändert es sich, und plötzlich ist es nicht mehr das Pferdchen, mit dem man als Kind gespielt hat.“

Vor seiner Kreativität ist kein Material sicher: Pappkartons, Autotüren, Tischtennisschläger, Packpapier, Glas… „Ein Tischtennisschläger z.B. gibt das Format vor, an das man sich halten muss – der perfekte Vorwand, neue Materialien auszuprobieren und herauszufinden, wie sie sich verhalten“, erklärt er.

Mit Farben hingegen experimentiert er weniger gerne. „Ich habe großen Respekt vor Farben, denn ich habe Angst davor, etwas zu kreieren, von dem ich weiß, dass es mir am Ende nicht gefällt. Ich glaube, nur wenige Menschen können Farbe richtig einsetzen, sie ist zu einem bequemen Mittel geworden, das sich gut verkauft.“ Für seine Zeichnungen verwendet Javier hauptsächlich Kohle und Graphit.

Mit seinen unzähligen im Atelier verstreuten Skizzen fühlt sich Javier „freier und ungezwungener“ als beim Malen auf einer großen Leinwand. „Mir ist klar, dass Skizzen weniger Präsenz haben als eine Leinwand, aber ich male einfach gerne auf Packpapier, das ist mein wahres Ich, hier finde ich Inspiration, hier blüht meine Fantasie auf.“


Javier Garló hätte gerne zu einer anderen Zeit gelebt, kann sich aber auf keine festlegen. Er empfindet das 21. Jahrhundert und den damit einhergehenden Verlust an Formen, Zuneigung und Fürsorge nicht nur im Kunstbereich als „Qual“.

Mit dieser Meinung steht er sicher nicht alleine da.

Fotografie: Antoine Garló
Fotografie: Antoine Garló
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